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Familiennamen sind im 9./10. Jahrhundert in Südeuropa entstanden. Bis dahin genügte zur Identifikation der Tauf- oder Rufname. Mit wachsender Bevölkerung mussten die vielen Personen gleichen Namens eindeutiger unterschieden werden können. Dies geschah zuerst durch Zusätze und noch wechselnde Beinamen, die dann an die nächste Generation weitergegeben und so zu fixen Familiennamen wurden.
Nördlich der Alpen sind Familiennamen spätestens ab etwa 1300 gebräuchlich, vorerst in den grösseren Orten und beim Adel sowie dem städtischen Patriziat. Um 1500 schliesslich sind Familiennamen in der Gesamtbevölkerung und flächendeckend etabliert: Der Name als solcher war festgelegt und in direkter Linie vererbbar, immer wie ein Mundartwort gesprochen (alle Schnider, Schnyder, Schneider mit langem ī).
Familiennamen sind durchaus bewusst vergeben worden, stets auf der Grundlage der lokalen Mundart des Hoch- und Spätmittelalters und vor dem Hintergrund der damaligen soziokulturellen Verhältnisse. Spätere Einflüsse sind in den Namen nicht mehr berücksichtigt
Bei der Deutung von Familiennamen unterscheidet man die folgenden Typen.
Man kann Familiennamen in der Regel deuten und sie dem zugrunde liegenden Ruf- oder Ortsnamen (Typen 1 bis 3) oder Gattungswort (Typen 4 und 5) zuordnen. Verliehen worden ist der Name dem ersten Träger aufgrund eines besonderen Merkmals – und wie der Wegmann heute nicht mehr zwingend an einem Weg wohnt und der Vogt kein höheres Amt innehat, so kann auch der Hässig ein fröhlicher Mensch sein.
Im Auftrag der Burgergemeinde deutet Dr. Andreas Burri einige Burgerliche Namen.(Reihenfolge chronologisch nach Aufnahme in die Burgergemeinde)
sd. = schweizerdeutsch / germ. = germanisch / mhd. = mittelhochdeutsch / ahd. = althochdeutsch / frühnhd. = frühneuhochdeutsch / lat. = lateinisch / Bed. = Bedeutung / m.-f.-n. = maskulin - feminin - neutral / * = erschlossene, so nicht belegte Form
Trechsel ist ein Berufsname (Typus 4). Ihm liegt ahd. drāhsil, mhd. drǟhsel, drehsel m. zugrunde in der Bed.«Drechsler, Handwerker, der Möbel, Gebrauchs- und Kunstgegenstände vornehmlich aus Holz, Horn, auch etwa aus Messing mittels Drehbank und Schneidewerkzeugen herstellt». Ahd. drāhsil ist gebildet zu einem germ. Verb mit der Bed. «drehen» und mit der den Träger der Verbhandlung fassenden Silbe germ. *-ila, ahd. –il, mhd. –el (vergleichbar ist etwa Weibel). Die Trechsel sind wohl von Thun (Trächsel) zugezogen; die Schreibung wechselt, wie auch andernorts im nie sehr häufigen Familiennamen, gelegentlich mit –ä-.
Bürgerrecht seit 1448
Stähli gehört zum Typus 5 Berufsübername (= indirekter Berufsname). Sd. Sta(c)hel m., mhd. stahel, stāl, ahd. stahal m./n. meint «schmiedbares Eisen» und ist auch Name von Geräten oder Waffen. Wer Stahl bearbeitet, der Stahlschmied, kann den Namen Stahl erhalten; mit der Verkleinerungssilbe –li, die auch den Wandel von a zu ä bewirkt, dürfte sein Sohn bezeichnet worden sein: Stähli «Nachkomme des Stahl genannten Schmieds». Stähli ist neben nahverwandten Stachel, Stä(c)helin, Steh(e)li usw. nur einer der vielen das stark differenzierte Schmiedehandwerk spiegelnden Familiennamen wie Nagel, Harnisch oder Isenschmid.
Bürgerrecht seit 1480
Schnell (mit –ä- gesprochen) ist leicht als Übername (Typus 5) zu identifizieren, hat doch der erste Träger des Namens diesen aufgrund von körperlicher oder geistiger Stärke und Behendigkeit bekommen. Der Name lässt sich nämlich auf sd. schnëll «kräftig, stark; schnell, rasch; scharfsinnig, eifrig, bereitwillig» und – schon mit ganz ähnlichen Bedeutungsaspekten – ahd. und mhd. snël zurückführen. Schnell ist ein ausschliesslich positive Eigenschaften fassender Übername, einzig im sd. Nebensinn «schlau» klingt vielleicht leise auch eine kleine Schwäche des ersten Namenträgers an.
Bürgerrecht seit 1483
Maritz, so noch um 1900 als Tauf- oder Vorname bekannt, ist, ebenso wie Moritz, Kurzform zum männlichen Personennamen Mauritius. Im Mittelalter war Mauritius in der Schweiz verbreitet, dank der Beliebtheit des heiligen Mauritius, der nach der Legende als Anführer der Thebäischen Legion Ende des 3. Jahrhunderts bei Saint-Maurice im unteren Wallis den Märtyrertod fand. Mauritius selber ist ein lat. Name, gebildet zu lat. Maurus mit der Bed. «der aus Mauretanien Stammende, der Maure». Die ersten Maritz haben also ihren Geschlechtsnamen als sog. Patronymikum nach dem Vater bekommen, der Familienname Maritz gehört zu unserem Typus 1.
Bürgerrecht seit 1533
Für Buri (und ebenso für die Schreibvariante Burri für zwei nach 2000 ins Burgerrecht aufgenommene Familien) gibt es zwei Herleitungsmöglichkeiten. Die erste basiert auf einer alemannischen Kurz- und Koseform Bur(g)i, Bur(k)i auf -i zum Rufnamen Burg-, Burkhart (zu ahd. burg «Burg, Schutz» und ahd. -hart, «kräftig, tüchtig») – letztlich ein Vatername (Typus 1). Oder aber Bur(r)i ist ursprünglich eine männliche Weiterbildung auf –i zum Verb sd. burren «zornig aufbrausen» und würde den ersten Namenträger wegen seines aufbrausenden Charakters bezeichnen – also ein Übername (Typus 5).
Bürgerrecht seit 1534
Für die Fankhauser von 1534 gilt dasselbe wie für die drei nach 2000 ins Burgerrecht aufgenommenen Familien: Alle haben letztlich etwas mit Fankhaus zu tun – und mit Fankhaus ist in der Regel der Weiler in der Gemeinde Trub gemeint. Gebildet ist der Familienname mit der den Wohnort oder die Herkunft anzeigenden Silbe –er und meint «wer in F. wohnt» (Typus 3) oder «wer von F. zugezogen ist» (Typus 2). Fankhaus selbst ist mit Fang m. «eingefangenes Land» und Hūs n. zusammengesetzt – also «das Haus im eingefriedeten Land»; gesprochen wird es mit –u- (nicht mit schriftsprachlichem –au-). An der Wortgrenze ist –ngh- zu –nk- geworden (wie etwa auch in Jungherr zu Junker).
Zu den Übernamen (Typus 5) gehört Grieb, was allerdings nur der Blick zurück in die Sprachgeschichte erhellt. Zugrunde liegt Grieb nämlich mhd. Griebe m. «Griebe, ausgeschmelzter Speckwürfel; ausgedörrte Rückstände» (im Berndeutschen heute vor allem in der Form Gräubi n.). Leicht konnte diese Bedeutung auf magere, schmächtige Menschen übertragen werden – und ein solcher muss der erste Grieb gewesen sein. Der der betreffenden Person zunächst als Beiname aufgrund der hageren Gestalt verliehene Zusatz wurde zum festen Familiennamen, als auch die Nachkommen Grieb genannt wurden.
Das Adjektiv sd. dür(r), mhd. dürre, das im Wesentlichen wie im Neuhochdeutschen «dürr, ge-, vertrocknet» meint, dürfte dem Namen Dür (als Schreibvariante auch Dürr) zugrunde liegen, und zwar in der speziellen, sich auf Körper und Gestalten beziehenden Bed. «sehr mager». Der erste Dür muss also eine hagere Person gewesen sein, und dieses körperliche Merkmal konnte leicht das Motiv für einen Übernamen abgeben. Weniger wahrscheinlich ist die Namengebung als sogenannter Wohnstättenname nach einem Hof- oder Flurnamen Dürr (letztlich zu demselben Adj. dürr gebildet) mit der ursprünglichen Bed. «wer auf dem Hof Dürr wohnt».
Nur das Wissen darum, dass der 1537 ins Bürgerrecht aufgenommene Jakob Lyoth aus dem Zenden Siders VS stammte, führt auf eine mögliche Spur, den Namen Lyoth zu deuten. In Grône, dicht an der heutigen Sprachgrenze und Siders unmittelbar benachbart, war der Name in den Varianten Liodi, Lyod, Liodt und Lyoud verbürgt, beruhend auf älterem Liaudet. Diesem liegt wahrscheinlich ein altdeutscher Rufname mit Liut- (heute Leute, zu ahd. liut «Volk») im Vorderglied zugrunde, etwa Liut[hard] (zu ahd. hart «stark») oder Liut[wald] (zu ahd. waltan «herrschen»). Der deutsche Rufname wurde in romanischem Mund zu Liaudet, zu dem obige Laut- oder Schreibvarianten gut passen.
Für Grimm kommen zwei gleichberechtigte Deutungen in Frage. Zum Namentyp 1 (der Familienname geht auf einen Rufnamen zurück, meist auf den Namen des Vaters) gehört die erste, die auf die Kurzform Grimo eines ahd. Rufnamens wie Grim[wald] oder Grim[bert] rekurriert, gebildet mit dem längst untergegangenen Namenwort grīm (germ. grīm-an- «Maske, Helm»). Grimm könnte aber ebenso gut Übername (Typus 5) zu sd. grimm, mhd. grim(me) «unfreundlich, grimmig, heftig, wild» sein; die erste so benannte Person wäre dann wohl von aufbrausendem, zum Zorn neigendem, vielleicht auch etwas bösartigem Naturell gewesen.
Schönberger ist ein mit -er gebildeter Herkunfts- (Typus 2) oder Wohnstättenname (Typus 3) für jemanden, der von Schönberg zugezogen oder auf Schönberg wohnhaft ist. Welcher Ort Schönberg Ausgangspunkt ist, bleibt offen; von den im Bernbiet verbürgten Orten Schönberg kommt keiner in Frage, alle sind zu jung. Problemlos ist hingegen die sprachliche Deutung: Schönberg ist leicht als Zusammensetzung von sd. schön, mhd. schœn(e) «schön im Sinne von gut gelegen = sonnseitig, gut zu bewirtschaften, ertragreich» und sd. Bërg m., mhd. bërc in der Bed. «kleinere oder grössere Geländeerhebung, Hügelzug, Halde» zu erkennen.
So nur in Burgdorf vorkommend (die Aargauer Häggi haben sich früher auch Heggi oder Hecki geschrieben); von Münchenbuchsee zugezogen, wo der Familienname Hegg altbezeugt ist. Heggi, mit kosendem -i, und Hegg könnten auf eine ahd. Rufnamenkurzform Hecko, Hecco zu einem Vollnamen wie Haga-, Hegibert mit ahd. hag m. «Hecke, Zaun» im Vorderglied zurückgehen (Typus 1: Rufname). Oder aber in Heggi steckt, mit Verhärtung von g zu gg ohne Sinnesänderung, sd. Hegi f., ahd. hegi «Einhegung»; auch gleichbedeutendes Hecke f., sd. Heck, Hegg, mhd. hecke, hegge könnte zumindest erwogen werden – und der erste Heggi hätte seinen Namen daher, weil er an einer Einhegung oder Hecke wohnhaft war (Typus 3: Wohnstättenname).
Zu den Handwerksnamen (Typus 4) gehört der Kupferschmied, mhd. kupfersmit, der wie der Kessel- und Messingschmied sein Gewerbe ohne Feuer betreibt. Er verarbeitet nichteisenhaltiges Metall und Legierungen nur mit Hammer und anderen Werkzeugen zu Geräten und Gefässen des täglichen Gebrauchs wie Pfannen und Leitungsröhren. Die Kupferschmid erscheinen ab 1557 im Burgerverzeichnis, allerdings gab es Träger des Namens (auch mit -ie- geschrieben) in Burgdorf schon in vorreformatorischer Zeit, zufrühest nachweisbar 1384 mit, Heinrich Kupferschmid, burger ze Burgdorff` als Zeuge in einem Liegenschaftshandel.
Der gross und kräftig Gewachsene und wohl auch übermässig Starke, aber auch der geistigseelisch Hervorragende werden selbstredend mit sd. Ris m., mhd. rise ,der Riese` bezeichnet – und im sprechenden Familienwappen anschaulich gefasst! Welche der genannten Eigenschaften dem ersten Träger des Namens zukam, lässt sich nicht mehr sagen. Der aufgrund realer körperlicher oder geistiger Gegebenheiten verliehene Beiname vom Typus 5 (Übername) jedenfalls wurde an die Nachkommenschaft weitergegeben, auch wenn bei dieser keines der Charakteristika mehr in ausgeprägter Weise zutreffen musste. Der Beiname wurde so zum festen, vererbbaren Familiennamen.
Die von Arx sind noch heute im Kanton Solothurn verbreitet; im Bernbiet gibt es neben dem Burgdorfer Zweig eine Familie von Arx in Utzenstorf. Von Arx ist ein bürgerlicher Herkunftsname (Typus 2) und hat letztlich einen Bezug zum basellandschaftlichen Flur- und Hofnamen Arx (heute Arxhof, Gemeinde Niederdorf), der schon 1342 (,uffen dem berge uffen Arx`) nachgewiesen ist. Der Name Arx dürfte sich zu lat. arx f. ,befestigte Anhöhe, Burg, Gipfel` stellen. Zwar liegen archäologische Hinweise auf eine Befestigungsanlage bis jetzt nicht vor, doch kann eine der in unmittelbarer Nähe des Arxhof zu lokalisierenden Burgen bzw. Burgruinen namenauslösend gewesen sein.
Die Schläfli (mit langem -ǟ-) sind kurz vor 1600 von Lyssach zugezogen. Ihr Name hat, entgegen dem sprechenden Wappen mit der Abbildung eines Schafs, eines Schäfleins (doch mit unerklärtem -l- in der Stammsilbe, das dann auf einer Umdeutung beruhen müsste), sicher etwas mit der Tätigkeit des Schlafens zu tun. Der mit -li Verkleinerung gebildete Name vom Typus Übername gehört entweder zu sd. Schlāfm., mhd. (ge)slāfe «Schlafgenosse» für den soldatischen Zimmergenossen, oder Schläfli ist direkt mit sd. Schlāf m., mhd. slāf «der Schlaf» zu verbinden und dürfte dann eine Person bezeichnet haben, die zu häufigem, unzeitigem oder anderswie auffälligem Schlafverhalten neigte.
Dem Familiennamen Mathys liegt der Apostelname Matthias zugrunde, der im Mittelalter als Taufname sehr beliebt war: Die FormMattīs (mit langem -ī-) ist die im Schweizerdeutschen übliche. Der erste Mathys hat seinen Nachnamen nach seinem Vater als sogenanntes Patronymikon erhalten (Typus 1: Familienname nach Rufname). Der Apostelname Matthias geht auf eine griechische Kurzform von Mattatías zu hebräisch mattitȳah zurück und bedeutet «Geschenk Gottes». Als Schutzpatron der Metzger und Zimmerleute, der Schmiede, Schreiner und Bäcker war der heilige Matthias im mittelalterlichen Leben allgegenwärtig.
Gammeter ist auf den Weilernamen Gammete (schon 1389 ,Gammeton`) in der Gemeinde Sumiswald zu beziehen, mit -er gebildet entweder als Wohnstättenname für einen, der in Gammete wohnhaft ist, oder als Herkunftsname für einen, der von Gammete an einen andern Ort zugezogen ist. Ein Hufschmied Gammeter (,Ulrich von Gammeten`) von Sumiswald erwarb schliesslich 1597 das hiesige Bürgerrecht. Der Weilername Gammete selber, heute zu Gamment(h)al umgedeutet, kann aus Gand-Matte, zu vordeutsch *ganda- «wüstliegendes Land, Geröllhang» und Matt(e) «Wiese», zusammengezogen sein; wahrscheinlicher ist aber, dass sich in Gam(m)- ein längst abgegangenes Wort für «(Schutz-)Hütte» spiegelt.
Aeschlimann, aus Langnau zugezogen, ist typologisch ein Wohnstättenname. Im Vorderglied Äschli steckt der Baumname mhd. asch m. (und esche f.) «die Esche» bzw. mhd. asch n. «Eschengehölz», mit -li verkleinert aschli «kleines Eschengehölz». Lautlich hat sich a vor sch zu ä entwickelt, also Äschli (vgl. sd. Täschen f. «die Tasche»). Dieses Äschli ist oft zum Flur- oder Hofnamen geworden; für den Familiennamen kommt als Basis vor allem Äschli in der Gemeinde Rüderswil in Frage. Das zweite Namenglied -mann trägt keine eigentliche Bedeutung mehr, es soll bloss den Namencharakter signalisieren. Lautlich anklingende Wörter, sd. Äschen f. «die Asche» und sd. Äsch m. «Äsche, Alpenforelle», letzteres Interpretament im jungen Familienwappen, kommen für Aeschlimann kaum in Frage.
Zürcher gibt es schweizweit zwar viele, auch und gerade im Kanton Bern, Züricher aber, dreisilbig und noch deutlicher auf Zürich verweisend, nur in Burgdorf. Züricher ist ein Herkunftsname auf -er (Typus 2), wobei offenbleiben muss, ob zur Stadt oder – und vielleicht eher – zur Landschaft Zürich gebildet (die im Kanton Zürich altbeheimateten Zürcher können nur aus der Stadt stammen). Zürich selber ist wahrscheinlich eine keltische Gründung. Der Name wird meist als Bildung aus einem Personennamen Tūros und der adjektivischen Silbe -īcon gedeutet: Tūrīcon, latinisiert Tūrīcum, ist «die Siedlung des Tūros».
Burkhard, gebildet zu ahd. burg «befestigter Ort, Burg» und harti «hart, tapfer», war im Mittelalter ein beliebter Ruf- oder Taufname, der im alltäglichen Gebrauch in vielfältigster Weise zu Kurz- und Koseformen abgeändert wurde, etwa zu Burk, Buck, Burgi, Buri – und eben auch zu Bürki. Und auch die Kurz- und Koseformen konnten selbst wiederum zu Familiennamen werden, ein gängiges Bildungsmuster (Typus 1). Hier wurde der Vollname Burkhard auf das erste Namenelement Burk reduziert und kosend mit der Verkleinerungssilbe -i erweitert; letzterer verdankt die Stammsilbe ihre neue Qualität als -ü- (Umlaut).
Bracher gehört in den Bereich der Dreifelderwirtschaft, einem auf Einzelhöfen und in Dörfern praktizierten Fruchtfolgesystem. Die Ackerflur war dreigeteilt: Eine Zelge wurde mit Wintergetreide (Weizen), eine mit Sommerfrucht (Roggen) bebaut, die dritte lag brach und diente ein Jahr lang als Stoppelweide, bevor sie wieder gepflügt, d. h. umgebrochen (die Brāch, von brechen, wie Sprāch von sprechen) und mit neuer Winterfrucht bestellt wurde. Die Hofnamen Brach leiten sich davon ab – und dazu wiederum ist Bracher gebildet als Wohnstätten- oder Herkunftsname: «Wer auf dem Hof Brach wohnt oder von dort zugezogen ist».
Die Haas, 1822 von Gais AR zugezogen, leiten ihren Namen vom Hasen «wild lebendes, langohriges Nagetier» her. Sd. Has m., mhd. has(e) ist zum Namen geworden aufgrund dem Tier zugeschriebener und auf den Menschen übertragener Eigenschaften (unser Typus 5). Dabei ist nicht nur an «furchtsam» zu denken; Namenmotiv könnten ebenso gut die Bedeutungen «schnellfüssig» oder «feinhörig und scheu» gewesen sein. Oder steckt in Haas der Rufname Hans? Der ist nämlich im Appenzellischen auch als Has (mit langem ā) bezeugt, mit n-Ausfall vor -s und Dehnung von -a- (bei uns wäre -a- entsprechend eher zu -au-: Haus(i) geworden).
Der altdeutsche Name (H)ruodolf bzw. Rudolf, zusammengesetzt aus ahd. hruod «Ruhm» und wolf «Wolf», ist seit dem Hochmittelalter (und insbesondere dank der Popularität des habsburgischen Königs Rudolf I.) sehr beliebt. Er weist viele Kurz- und Koseformen wie Rued(i), Ruetsch(i) oder auch Dolf auf; Ruef ist zusammengezogen aus Rue(dol)f. Neben Rudolf sind auch Kurzformen zu Familiennamen geworden: Dem ersten Träger des Namens ist der Ruf- oder Taufname Ruef seines Vaters vorerst als Beiname, etwa: Hans (Sohn des) Ruef, gegeben worden und ihm schliesslich als Familienname (Hans Ruef) verblieben (Namentypus 1: Vatername).
Ob mit -a- oder -e-, mit -i- oder -y- geschrieben (Maier/Mayer, Meier/Meyer), zu deuten ist der Familienname immer gleich: Meyer ist ein Berufs- oder Amtsname (Typus 4) zu mhd. meier, ahd. meior «vom Grundherrn bestellter Oberaufseher, Gutsverwalter, der die Aufsicht über die Bewirtschaftung der Güter führt und in seinem Namen die polizeiliche und richterliche Gewalt über die Hofleute ausübt», daneben und später auch einfach «Gross-, Oberbauer; Dorfvorsteher; Pächter». Meier ist ein Lehnwort zu lat. maior «grösser» bzw. maior domus «Vorsteher der Dienerschaft», eigentlich «der Grössere eines Hauses».
Rietmann ist ein Wohnstättenname, er ist einem an oder bei einem Riet genannten Gelände Ansässigen, einem im Riet Siedelnden gegeben worden. Der Flurname Riet leitet sich her von sd. Ried, Riet, mhd. riet n. «Schilf, Riedgras, Rohrkolben», dann «mit Schilf, Sumpfgras bewachsener Grund, Moor» (ein gleichlautendes Wort für «Rodung» kommt hier kaum in Frage). Der zweite Teil von Rietmann ist weniger in seinem eigentlichen Sinn von «Mann, Mensch» zu sehen; -mann dient vielmehr zur Kennzeichnung des Typus Wohnstättenname (Hans am Riet wird zu Hans Rietmann), wofür sonst gerne die Silbe -er verwendet wird (Hans am Riet wird zu Hans Rieter).
Die im Kanton Bern häufige Flur- und Geländebezeichnung Scheidegg, und auf eine solche geht Scheidegger als Herkunfts- oder Wohnstättenname zurück, weist letztlich auf eine Grenze hin, nämlich mit sd. Egg f. auf einen Geländevorsprung, auf eine Geländekante, auf eine Übergangsstelle, wo zwei Gegenden, zwei Täler etwa oder auch zwei Grundstücke, voneinander geschieden werden (zur Wortfamilie von sd. scheide(n) im Sinne von «abgrenzen, die Grenze festsetzen, die Grenze bilden»). Mit der für die Namentypen 2 und 3 häufigen Endsilbe -er wird der Flur- oder Geländename Scheidegg zum Familiennamen Scheidegger erweitert.
Müller, der häufigste Familienname der Schweiz, geht zurück auf die auch heute noch bekannte Berufsbezeichnung mhd. mülnære, mülner m. und daraus durch Angleichung entstandenes müller «Müller, Betreiber einer Mühle», vermutlich entlehnt aus spätlat. molīnārius. Traditionell stellt der Müller Mehl, Öl oder Futtermittel her. Spätestens ab dem 12. Jahrhundert hatte fast jeder Ort eine Wassermühle. Neben Öl- und Getreidemühlen gab es noch weitere Arten von Mühlen wie Schneidemühlen für die Holzverarbeitung, Walkmühlen für die Tuchherstellung und Lohmühlen, die Eichenrinde (Lohe) für die Gerberei mahlten.
Die im Raum Langnau alteingesessenen Röthlisberger leiten ihren Namen vom Hof Rötlisberg in der Gemeinde Trachselwald her, als Herkunftsname gebildet auf -er und den ersten Träger des Namens als vom Rötlisberg Zugezogenen benennend. In Burgdorf ist das Geschlecht durch die Aufnahme eines Langnauer Röthlisberger ins Burgerrecht seit 1829 präsent. Der Rötlisberg enthält im 2. Teil sd. Bërg m. «Erhöhung, Berg», im 1. Glied eine Ableitung zum Farbadjektiv rōt. Rötli(s)- könnte auf rötliche Farbtöne des Bodens anspielen. Oder ist Rötli ein Übername, etwa für einen Rothaarigen, und der Rötlisberg der «Berg eines Besitzers namens Rötli»?
Eymann, seit alters in Fahrni und Linden ansässig und 1830 von Oberdiessbach her in Burgdorf eingebürgert, ist ohne ältere historische Bezeugungen nicht abschliessend zu deuten. Nach vorliegender Laut- und Wortstruktur ist das Element Ey- am ehesten zum aus der Umgangssprache verschwundenen Au, Ou f. «Gelände an einem Gewässer, wasserreiches Wies-, Weideland», mhd. ouwe zu stellen; dieses tritt, gerade auch in Flurnamen, oft umgelautet als Äu, Öi, Eu (mhd. öuwe) auf, das dann mit Entrundung zu Ei wird. Und wer in der Nähe einer oder an einer Ei (bzw. geschrieben: Ey) wohnt, ist dann eben der Eymann (Wohnstättenname).
Sicher ist, dass in Miescher das alte einheimische Wort Mies, Miesch n./m., mhd. mies für «Moos am Boden und auf den Bäumen» steckt. Wie aber der Familienname konkret zu deuten, wie er motiviert ist, muss offenbleiben. Handelt es sich um einen Herkunfts- oder Wohnstättennamen auf -er zu einem Flur- oder Hofnamen Miesch: Miescher also «wer von einem Ort Miesch zugezogen ist» oder «wer auf einem Hof Miesch wohnt»? Oder haben wir das Verb mieschen «Moos sammeln und damit Fugen stopfen zum Schutz gegen die Kälte» zum Ausgangspunkt zu nehmen, und der Miescher ist derjenige, der (auch als Beruf?) mit Moos zu tun hat?
Kurz- oder Koseform auf -i (-y ist Schreibvariante) zu einem altdeutschen Rufnamen wie Liuthard, Liutolt mit ahd. liut (gesprochen: lüüt) «Volk, Leute» im ersten Namenglied, gegeben als Vatername dem ersten Lüthi nach seinem Vater, der den Namen aber noch als Tauf- oder Rufname führte. Der Familienname ist in der Deutschschweiz verbreitet und konnte überall unabhängig entstehen. Die 1834 eingebürgerten Lüthy stammen laut Familiennamenbuch aus Langnau. Ob schon davor vereinzelt Lüthi in Burgdorf wohnhaft waren? - fast anzunehmen, angesichts der Häufigkeit des Namens auch im Kanton Bern.
1684 in Vevey, in Burgdorf 1835 und schliesslich 1898 in Bern erhielten die de Quervain das Bürgerrecht. Ursprünglich stammt das Geschlecht aus Carhaix (Département Finistère) in der Bretagne. Die Hugenottenfamilie wanderte unter ihrem alten Namen de Juzd ein, nannte sich dann aber in der Schweiz nach ihrem bretonischen Besitz de Kerven (ein „Manoir Kerven 17e siècle“ ist noch heute unter den historisch wertvollen Gebäuden in Carhaix aufgeführt), französisiert zu de Quervain. Im Bretonischen heisst Kerven «maison (notable) blanche». De Kerven/de Quervain ist ein Wohnstätten- oder Herkunftsname.
Nicht abschliessend gedeutet. Am ehesten Übername zu sd. Gugger m. «Kuckuck» für eine Person, auf die man eine Verhaltensweise des Vogels, etwa den charakteristischen Ruf im Frühling, oder eine der vielen im Volksglauben ihm zugeschriebenen Eigenschaften wie prognostische oder dämonische Fähigkeiten übertragen hat. Oder war der erste Gugger der Bewohner eines Hofes mit Aussicht, zu sd. guggen «neugierig, heimlich schauen», und somit Wohnstättenname auf -er für jemanden, der auf einem Hof Guggen zuhause war? Oder steckt in Gugger ein altdeutscher Rufname (Guotger, zu Gugger zusammengezogen, könnte passen)?
Wohnstättenname zu einem Örtlichkeitsnamen vom Typ Hauet, Haueten, gebildet zu sd. hauen, houen im Sinne von «schlagen, fällen, (ab-)holzen» (wie Schwinget m., Schwingeten f. zu schwingen) und zu deuten etwa als «Ort, wo Holz geschlagen wird». Für die von Trachselwald zugezogenen und 1841 in Burgdorf eingebürgerten Haueter kommen als Referenzorte in erster Linie Haueten, Rüegsbach, Gemeinde Rüegsau, oder Hauet, Gemeinde Lützelflüh, in Frage. Den alten Ortsbezug von Haueter dokumentiert noch eine Namenform von 1466: ,Cueni z Howetten`, als Zeuge genannt in einer Urkunde das Kloster Rüegsau betreffend.
Herkunftsname auf -er zu einem Ort bzw. Ortsnamen Leuenberg. Es bietet sich die – nach steilem Anstieg oberhalb des Sommerhauses – früher Leuen(berg) genannte Anhöhe an der alten Strasse Burgdorf – Huttwil an (heute Eggen; Leuen- lebt fort im Leuenhölzli und in Leumberg, Wynigen). Während Berg leicht erkennbar ist («Anhöhe»), bleibt Leue(n)- unsicher. Die Lautform Leue(n)- könnte sich ergeben haben aus: 1) sd. Lēw «Hügel» (-berg verdeutlicht das nicht mehr verstandene Lēw); 2) dem Familiennamen Leu, zu sd. Löi («der Berg der Familie Leu»); 3) berndt. löijen «ausruhen» (nach dem ermüdenden Anstieg).
Die Heiniger stammen ursprünglich aus dem Raum Dürrenroth / Wyssachen. In Wyssachen gibt es den Weiler Heimigen, der 1194 als ,Heimingin` erscheint. Die Belegreihe ist allerdings nicht einheitlich, manchmal lautet der Name auch ,Heiningen` (so etwa 1530) – und zu einer solchen Lautung ist Heiniger mit der Endsilbe -er gebildet als Herkunfts- oder Wohnstättenname. Heimigen selbst ist ein altalemannischer -ingen-Name und bedeutet «bei den Leuten des Heimo». Der Familienname müsste eigentlich Heimiger heissen; das zu ,Heiningen` gebildete Heiniger ist auf Heino, eine Kurzform zu Heinrich, eingedeutet worden.
Blösch ist ein altes Seeländer Geschlecht, und die Burgdorfer Blösch sind denn auch 1846 von Biel her eingeburgert worden. Sd. Blösch m. bezeichnet «eine Kuh mit weissem Stirnfleck, mit weissem Kopf» und mit Bezug auf einen Menschen steht es für «Glatze, Kahlkopf»; gelegentlich ist es auch ein Schimpfname für eine hellhaarige Frau oder für einen etwas unbeholfenen Menschen. Verwandt ist das Wort letztlich mit dem Adjektiv blass «kahl; von schwacher Farbe, bleich». Blösch ist dem ersten Träger vorerst als Beiname gegeben worden, vermutlich weil er eine Glatze hatte; typologisch ist es ein Übername (Typus 5).
Die Buche, die bei uns verbreitete Baumart, steckt im Familiennamen Bucher (gesprochen mit -ue-). Bucher ist ein Wohnstättenname auf -er und kann verschieden gedeutet werden, einmal im Sinne von «wohnhaft bei einer (besonders auffälligen, grossen) Buche» (sd. Buech, Buechen f.), dann als «wohnhaft bei einem Buchenwald» (Buech n. «Buchengehölz»), oder aber der Familienname bezieht sich auf ein Gebiet, das Buech, Buechen geheissen hat. Die vielen Anschlussmöglichkeiten spiegeln sich auch in der Beliebtheit des Namens: Er belegt den 24. Platz in der Rangliste der häufigsten Namen der Schweiz.
Geboren wurde der 1851 eingebürgerte Robert Roller in Erzingen (Württemberg). Im Süddeutschen also muss Roller sprachlich verortet werden. Passend ist die -er-Bildung zu mhd. rollen «rollen»: als Berufsname für den Fuhrmann des Rollwagens (frühnhd. roller m., zu: rollend bewegen) oder als Übername für den irgendwie an einen Kater Erinnernden (schwäbisch Roller m. «Kater», zu: schnurren, rollendes Geräusch machen). Mit der -er-Endung kann aber auch der Nachkomme benannt werden: Roller als der Sohn eines Roll, zum altdeutschen Rufnamen Rollo (verkürzt aus einem Vollnamen mit ahd. (h)ruod «Ruhm», etwa Ruodolf.
Fröbel ist ein ursprünglich in Thüringen ansässiges Geschlecht. Für die Herleitung wird ein Zusammenhang mit dem Adjektiv mhd. vrevel, auch etwa vrebel und vorebil «mutig, unerschrocken, keck, frech» erwogen. Fröbel wäre dann an vrebel oder v(o)rebil mit Rundung von -e- zu -ö- anzuschliessen, und der Übername (Typus 5) dürfte motiviert sein durch das grosse Selbstbewusstsein des ersten Fröbel. Oder steckt ein alter Personenname in Fröbel? In Frage käme der altdeutsche Rufname Frawibald, historisch auch Frowipald und Frobald, zu ahd. frō m. «Herr» (wie in Fro(n)dienst) oder ahd. frō «flink, froh».
Die Mauerhofer, eingebürgert von Trub (dort 1592 erstmals genannt) her, leiten ihr Geschlecht von einem Siedlungsnamen Mauerhof (mundartlich: Murhof) ab, als Herkunftsname gebildet mit der Silbe -er. Einen Murhof finden wir in Trub oder in seiner näheren Umgebung allerdings nicht. Jenseits der Kantonsgrenze aber, nämlich im luzernischen St. Urban und in Sarnen (OW), gibt es je einen passenden Murhof, wobei sd. Mūr f. «Mauer» (mit langem -ū-) einen Hinweis auf alte Mauerstellen oder mauerähnliche Geländeformationen geben wird, und sd. Hof m. einfach «Bauerngut» meint.
Sänger, mhd. senger m., also jemand, der singt, ein Berufs- oder Amtsname? Zu vergleichen wäre Sänger mit dem gleichbedeutenden Namen Singer. Die Tätigkeit des Sänger Genannten könnte je nach Lebensumständen präzisiert werden als Liederdichter, Spielmann oder Kantor. Oder steckt in Sänger eine ganz andere Berufsbezeichnung, nämlich für denjenigen, der durch Feuer rodet (mhd. sengen)? Was dem Sänger sprachlich zugrunde liegt, muss offenbleiben, im deutschen Sprachraum sind beide Möglichkeiten zu erwägen (die 1854 eingebürgerten Sänger stammen ursprünglich aus Deutschland).