Burger Journal 12 - Oktober 2024

Bei der Deutung von Familiennamen unterscheidet man folgende Typen: 1. Rufnamen: Benennung nach Vater-, seltener Mutternamen, z.B. Friedrich, Annen 2. Herkunftsnamen: Zugezogene nach ihrer Herkunft, z. B. von Siebenthal, Basler 3. Wohnstättennamen: Einheimische nach ihrem Wohnort, z. B. Imhof, Wegmann 4. Berufsnamen: nach Tätigkeit, Amt, gesellschaftlicher Stellung, z. B. Bauer, Müller, Vogt 5. (Berufs-)Übernamen: nach körperlicher, charakterlicher, biographischer Eigenheit oder beruflicher Tätigkeit, z. B. Schön, Hässig oder Hammer. Man kann Familiennamen in der Regel deuten und sie dem zugrunde liegenden Ruf- oder Ortsnamen (Typen 1 bis 3) oder Gattungswort (Typen 4 und 5) zuordnen. Verliehen worden ist der Name dem ersten Träger aufgrund eines besonderen Merkmals. Schoch Schoch ist eigentlich ein Ostschweizer Geschlecht, altbezeugt in den beiden Appenzell und in den Kantonen SG, TG und ZH. Die Burgdorfer Schoch sind aus den USA (via Frankreich) eingebürgert worden, wie es in der Familiengeschichte der Schoch, Besitzer der späteren Farbenfabrik Schoch & Cie., nachzulesen ist. Schoch ist Berufsübername für den Bauern als derjenige, der das halbdürre Heu zu einem Schoch oder Schochen, mhd. schoche m. «aufgeschichteter Heuhaufen, Heuschober» (in unserer Gegend dafür auch Birli ng) aufschichtet, um es vor dem Nachttau oder vor dem Regen zu schützen. Flückiger Zu unserem Typus 2 (Herkunftsnamen) gehörend, meint der vielerorts im Emmental und Oberaargau altbeheimatete Familienname Flückiger «einer von Flückigen», ein Ort bzw. Ortsname in der Gemeinde Rohrbachgraben. Dieses Flückigen, bereits im 14. Jahrhundert als ,Flügkingen` historisch nachgewiesen, ist Siedlungsname aus der Einwanderungszeit der Alemannen auf -ingen zu einem ahd. Personennamen *Flucko und bedeutet «bei den Leuten des Flucko» (das -ü- ist dem -i- in -ingen zu verdanken). Dazu ist der Familienname wiederum gebildet mit der die Herkunft anzeigenden Endsilbe -er. Kienzle Kienzle sind ab Mitte des 19. Jahrhunderts an verschiedenen Orten in der Schweiz eingebürgert worden, alle aus Deutschland. Dem Kienzle entspricht in der Schweiz der alte und verbreitete Künzli, traditionell ausgesprochen Chüenzli. Kienzle verrät seine schwäbische Herkunft somit schon in der Lautung: K- im Anlaut, aus -üe- entrundetes -ie- und -le statt -li in der Endung. Der Familienname ist auf -le verkleinerte und dadurch umgelautete Form der Kurzform Kunz (älter gesprochen Kuenz), mit kosender z-Endung gebildet zu Konrad (älter Kuonrat), ahd. Rufname zu ahd. kuoni «kühn, tapfer» und rāt «Rat(schlag)». Wydenkeller In Schangnau sind Wydenkeller, ein Landsassengeschlecht, schon im 18. Jahrhundert bezeugt. 1861 wurden sie dort, ebenso wie Zugezogene in Toffen und Burgdorf, von Amtes wegen eingebürgert. Der Familienname ist eine Zusammensetzung mit sd. Chëller m. «Verwalter grundherrlicher Einkünfte an Naturalien», mhd. këller und (älter-)sd. Widem, Widen im Sinne von «Dotierung zur Ausstattung einer Kirche, eines Klosters», mhd. widem(e), widen. Wydenkeller ist ein Berufs- bzw. Amtsname für den Verwalter von Kirchengut. Das erste Glied auf sd. Wīde n f. «Weidengehölz» zu deuten, ist weniger wahrscheinlich. Abkürzungen: sd. = schweizerdeutsch / germ. = germanisch / mhd. = mittelhochdeutsch / ahd. = althochdeutsch / frühnhd. = frühneuhochdeutsch / lat. = lateinisch / Bed. = Bedeutung / m.-f.-n. = maskulin - feminin - neutral / * = erschlossene, so nicht belegte Form Serie: Burgerliche Namen MIT EINER FORTLAUFENDEN SERIE ERLÄUTERN WIR DIE BEDEUTUNG DER NAMEN VON BURGERN IN DER CHRONOLOGISCHEN REIHENFOLGE IHRER AUFNAHME IN DIE BURGERGEMEINDE. IN DIESER AUSGABE WERDEN DIE NAMEN SCHOCH (1857), KIENZLE (1857), FLÜCKIGER (1861) UND WYDENKELLER (1861) GEDEUTET.

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