BURGER JOURNAL08 November 2022 Aus dem Inhalt - - - - - FREIZEIT IM WALD Der Burgerwald beherbergt zahlreiche Einrichtungen für Freizeit und Sport. Dies beeinflusst massgeblich die Bewirtschaftung des Waldes. KULTURPREIS 2022 Florine Ott erhält den Kulturpreis 2022. Sie wird damit für ihr vielseitiges Schaffen und Engagement ausgezeichnet. BURGERLICHES SOZIALWESEN Die Burgergemeinde ist auch heute noch für die Sozialhilfe von Burgdorfer Burgern zuständig.
Liebe Leserin, lieber Leser Christoph Bürgi, Burgerratspräsident In dieser Ausgabe des Burger Journals werden drei zentrale Themen der Burgergemeinde Burgdorf beleuchtet: Die Nutzung des Waldes, unser Engagement im Bereich Kultur und das vielleicht weniger bekannte burgerliche Sozialwesen, das seit Jahrhunderten eine Kernaufgabe darstellt. Die Bedeutung und Nutzung unserer Waldflächen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Die wirtschaftlichen Aspekte sind etwas in den Hintergrund getreten. Dafür haben Bedeutung und Wert als Naherholungsraum, als ökologisches System und als Ort zahlreicher Freizeit- und Sportaktivitäten zugenommen. Der Wald ist für alle da. Aber es gelten gewisse einfache Regeln, die es zu befolgen gilt. Es freut mich besonders, dass wir mit Florine Ott eine äusserst engagierte Persönlichkeit mit dem Kulturpreis 2022 auszeichnen dürfen. Die vielseitige Künstlerin zeichnet mit ihren Ideen und ihrer Tatkraft für zahlreiche Projekte verantwortlich, die viel zur Dynamik des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens in Burgdorf beitragen. Das Sozialwesen der Burgergemeinde ist eine stetige, auf langer Tradition gründende Aufgabe. Auch wenn wir dazu nicht mehr verpflichtet wären, übernimmt die Burgergemeinde die Sozialhilfe von Burgerinnen und Burgern, die in Not geraten sind. Und auch das Vormundschaftswesen, das natürlich den heutigen Anforderungen entsprechend von einer professionellen burgerlichen KESB ausgeübt wird, ist nach wie vor fester Bestandteil des burgerlichen Engagements. Nun wünsche ich Ihnen eine vergnügliche, anregende Lektüre und eine gute Zeit.
Zwischen Naturraum und «Freizeitpark» DER BURGERWALD Die Bewirtschaftung und Erhaltung des 800 Hektaren grossen Burgerwaldes in und um Burgdorf gehören seit jeher zu den Kernaufgaben der Burgergemeinde. Bis in die 1950er Jahre lieferte die Waldwirtschaft ihr sogar die bedeutendsten Einnahmen. Die Anforderungen und Herausforderungen an den Schutz und die Nutzung haben sich indes in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Während das Holz des Waldes Jahrhunderte lang die einzige Energiequelle für Heizen und Kochen war, hat der Wald in heutiger Zeit eine zusätzliche Rolle als Erholungs- und Naturraum eingenommen. Die Waldwirtschaft zur Holzgewinnung steht nicht mehr allein im Zentrum. Im Zuge der Bemühungen, vermehrt erneuerbare Energiequellen und nachwachsende Rohstoffe zu nutzen, hat der Burgerwald für die lokale Wärmeversorgung und den Holzbau zwar nach wie vor einen hohen Stellenwert. Doch in der öffentlichenWahrnehmung ist die heutzutage wohl wichtigste Funktion des Waldes seine Qualität als Naturraum, den die Bevölkerung der verdichteten Städte und Dörfer gerne aufsucht. Denn im Wald fühlt man sich augenblicklich der Natur nahe und bestenfalls sogar mit ihr verbunden. Diese Sehnsucht kann der nachhaltig bewirtschaftete Burgerwald erfüllen. Darüber hinaus entstand das Bedürfnis nach Sport- und Freizeitaktivitäten im Wald. 1973: VITAPARCOURS FÜR BEWEGUNG AN DER FRISCHEN LUFT Der wirtschaftliche Aufschwung und der zunehmende Wohlstand der 1960er Jahre gingen einher mit einer tendenziell ungesünderen Lebensweise der Bevölkerung. In diesem Umfeld wuchs die Erkenntnis, dass mehr Bewegung die öffentliche Gesundheit fördern DER WALD IST ERHOLUNGSRAUM FÜR RUHESUCHENDE, SPIELWIESE FÜR KLEINE ABENTEURER, FREILUFT-KULISSE FÜR SPORTLER UND LANDSCHAFT FÜR WANDERER. ER IST ABER AUCH EIN ÖKOSYSTEM MIT ARTENVIELFALT, DAS ES NACHHALTIG ZU BEWIRTSCHAFTEN GILT. DIESE VIELEN NUTZUNGEN UNTER EINEN HUT ZU BRINGEN IST NICHT IMMER GANZ EINFACH. Eine der beliebten Brätlistellen im Burgerwald
Der Vitaparcours im Pleerwald erfreut sich wieder zunehmender Beliebtheit. Er ist nicht nur eine naturnahe Frischluft-Alternative zu den Fitness-Studios, sondern auch ein vergnügliches Familienerlebnis. würde. So waren die Vitaparcours seit ihren Anfängen als Outdoor-Fitness Anlagen für die ganze Familie konzipiert. Sie erreichten rasch Kult-Status und verbreiteten sich in den Wäldern der ganzen Schweiz. So auch in Burgdorf, wo sich die Stadt Anfang der 1970er Jahre entschloss, einen Vitaparcours zu betreiben. Die Burgergemeinde Burgdorf, die Vita-Lebensversicherung und zahlreiche freiwillige Helfer machten mit ihrem Engagement die Eröffnung des Parcours im Sommer 1973 möglich. Heute wie damals liegt er vollständig im Burgerwald, namentlich im Pleerwald. Die Burgergemeinde ist zwar nicht für den Unterhalt der Installationen zuständig, muss aber natürlich mit umsichtiger Waldpflege dafür sorgen, dass die Freizeit-Sportler den Parcours gefahrlos nutzen können. Der damals erbaute Vitaparcours markiert den Anfang eines rasanten Ausbaus von Freizeiteinrichtungen im Wald. Heute beherbergt die Burgergemeinde in ihren Wäldern nebst dem erwähnten Trimm-dichPfad noch 8 Brätlistellen, 40 Sitzbänke, rund 77 Kilometer befestigte Waldwege, ein weitläufiges Wanderwegnetz, ein f ixes OL-Postennetz, zwei Mountainbike-Trails, eine Reitpiste, mehrere lokale und regionale Velorouten, einen Fischlehrpfad, den Pestalozzipfad und fünf Waldschul- bzw. Kindergartenplätze. Für einige Einrichtungen gibt es Trägerschaften, die für den Unterhalt selber zuständig sind. Trotzdem bleibt vieles im Verantwortungsbereich der Burgergemeinde. Insgesamt wendet die Burgergemeinde Burgdorf für den regelmässigen Unterhalt im Dienste der Naherholung und des dafür benötigten Wegnetzes weit über 100‘000 Franken jährlich auf. Wenn aber beispielsweise eine Starkregenphase die Waldwege beschädigt, können auch schon mal weitaus höhere Kosten anfallen. SPANNUNGSFELD AM MOUNTAINBIKE-TRAIL Als vor etwa acht Jahren einige Bike-begeisterte Emmentaler die Burgergemeinde kontaktierten, um die Idee eines Trails in Burgdorf zu diskutieren, stiessen sie auf offene Ohren. Nach etlichen gemeinsamen Begehungen vor Ort stand bald fest, dass ein erster Trail als Pilotprojekt im «Färnstu» realisiert werden solle. Man suchte nach einer möglichst guten Entflechtung von Wanderweg und Bike-Piste, was sich als recht schwierig erwies und auch zu einer Einsprache führte. Dennoch konnte man den Bau des rund 800 Meter langen «Färnstutrails» letztendlich realisieren. Die Trailbauer hatten sich als Interessengemeinschaft «Trail
Protectors Emmental» organisiert und mobilisierten für den Bau der Strecke zahlreiche Helferinnen und Helfer. Nur wenig später folgte der etwas kürzere, dafür aufwändiger zu bauende Downhill-Trail «Powermanhole». Beide Strecken haben übrigens einen eher hohen Schwierigkeitsgrad und sind somit für Anfänger nicht geeignet. Sie befinden sich komplett im Burgerwald und werden von den «Trail Protectors Emmental» regelmässig instand gehalten. Dieses Beispiel der Waldnutzung zeigt, dass es für das Nebeneinander von verschiedenen Aktivitäten und Bedürfnissen im Wald nebst dem «guten Willen» des Waldbesitzers auch die Rücksichtnahme und Kompromissbereitschaft der unterschiedlichen Interessengruppen braucht. DIE ENORM HOHE DICHTE DES FREIZEITANGEBOTS BEEINFLUSST DIE WALDWIRTSCHAFT «Bei unseren Arbeiten im Wald, integrieren wir immer auch die Bedürfnisse und Erwartungen der Besucherinnen und Besucher von Freizeiteinrichtungen. Sei es bei der Auswahl von zu entfernenden Bäumen oder bei der Aufforstung», sagt Simon Rieben, Leiter Forstbetrieb und Revierförster der Burgergemeinde. Und das sei bei der mittlerweile erreichten Dichte der Freizeitangebote bei gleichzeitiger Nutzung als Erholungsraum nicht immer ganz einfach. Denn die Erholung suchenden Spaziergängerinnen und Wanderer haben ihre Erwartungen an die «Schönheit» und Gepflegtheit des Waldes als Naturraum. Daraus ergeben sich manchmal nur schwer lösbare Zielkonflikte. Wenn beispielsweise aus forstwirtschaftlich nachhaltiger Sicht eine Fläche gelichtet werden sollte, um eine natürliche Waldverjüngung zu ermöglichen und sich dadurch das Bild des Waldes eben an dieser Stelle stark verändert. Oder wenn von einem kranken oder durch den Klimawandel geschwächten Baum in der Nähe eines Weges eine Gefahr ausgeht. Dass dieser Baum dann entfernt werden muss, gefällt manchen Besuchern halt eben nicht. Auch der Grundsatz, dass zur Erhaltung der Artenvielfalt die abgebrochenen Baumstümpfe und dürre Bäume zu Gunsten von Höhlenbrütern und Insekten stehen gelassen werden, verändert natürlich das Erscheinungsbild des Waldes. WENN WIR IN DEN WALD GEHEN, SIND WIR GÄSTE «Der Wald ist für alle da. Und wenn sich alle an einige grundlegende Regeln halten, wird dies auch in Zukunft so bleiben», sagt Simon Rieben. Dass jeder und jede den Wald betreten darf, also freies Betretungsrecht besteht, ist sogar im Zivilgesetzbuch verankert. Auch das Sammeln von Pilzen und Beeren in «üblichem Umfang» ist erlaubt. Dennoch hat dieses freie Betretungsrecht natürlich auch seine Grenzen. Diese eigentlich selbstverständlichen Grenzen der Freiheit hat WaldSchweiz, der Verband der Waldeigentümer, in Die Interessengemeinschaft «Trail Protectors Emmental» ist in Absprache mit der Burgergemeinde dafür besorgt, dass die Mountainbike-Trails sicher befahrbar und sportlich attraktiv bleiben.
Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen in einem humorvoll illustrierten Wald-Knigge zusammengestellt. Inhaltlich sind die darin festgehaltenen Verhaltensregeln im Wald durchaus ernst gemeint und wichtig. Da wird beispielsweise klargestellt, dass grundsätzlich ein Fahrverbot für Motorfahrzeuge gilt. Auch das «wilde» Parkieren auf Zufahrten sollte man unterlassen. Und es wird darauf hingewiesen, dass Bänke und sonstige Einrichtungen fremdes Eigentum sind, das einen entsprechend respektvollen Umgang verdient. Und selbstverständlich ist es ein absolutes Tabu, seinen Abfall einfach im Wald liegen zu lassen. Ein wesentlicher Teil der Verhaltensregeln bezieht sich auf die Rücksichtnahme gegenüber den Wildtieren und Pflanzen, deren Wohn- und Schlafzimmer wir mit unserem Besuch nämlich betreten. «Wir wollen einen Wald, in dem die Nutzung durch den Menschen und der Schutz der Natur im Einklang stehen», betont Simon Rieben. Das respektvolle Nebeneinander im Wald sei ein wichtiges Anliegen. Nur so könne die Burgergemeinde als Eigentümer ihrem Auftrag gerecht werden, einen intakten Wald auch für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. In Waldkindergärten oder Waldspielgruppen erlernen die Jüngsten früh und ganz selbstverständlich einen respektvollen Umgang mit der Natur, dem Wald und seinen Bewohnern. (Bild © Verena Menz) Den Wald-Knigge können Sie auf unserer Website herunterladen. www.burgergemeinde-burgdorf.ch > wald > was-darf-man-im-wald
Bei der Deutung von Familiennamen unterscheidet man folgende Typen: 1. Rufnamen: Benennung nach Vater-, seltener Mutternamen, z.B. Friedrich, Annen 2. Herkunftsnamen: Zugezogene nach ihrer Herkunft, z.B. von Siebenthal, Basler 3. Wohnstättennamen: Einheimische nach ihrem Wohnort, z.B. Imhof, Wegmann 4. Berufsnamen: nach Tätigkeit, Amt, gesellschaftlicher Stellung, z.B. Bauer, Müller, Vogt 5. (Berufs-)Übernamen: nach körperlicher, charakterlicher, biographischer Eigenheit oder beruflicher Tätigkeit, z.B. Schön, Hässig oder Hammer. Man kann Familiennamen in der Regel deuten und sie dem zugrunde liegenden Ruf- oder Ortsnamen (Typen 1 bis 3) oder Gattungswort (Typen 4 und 5) zuordnen. Verliehen worden ist der Name dem ersten Träger aufgrund eines besonderen Merkmals. Müller Müller, der häufigste Familienname der Schweiz, geht zurück auf die auch heute noch bekannte Berufsbezeichnung mhd. mülnære, mülner m. und daraus durch Angleichung entstandenes müller «Müller, Betreiber einer Mühle», vermutlich entlehnt aus spätlat. molīnārius. Traditionell stellt der Müller Mehl, Öl oder Futtermittel her. Spätestens ab dem 12. Jahrhundert hatte fast jeder Ort eine Wassermühle. Neben Öl- und Getreidemühlen gab es noch weitere Arten von Mühlen wie Schneidemühlen für die Holzverarbeitung, Walkmühlen für die Tuchherstellung und Lohmühlen, die Eichenrinde (Lohe) für die Gerberei mahlten. Eymann Eymann, seit alters in Fahrni und Linden ansässig und 1830 von Oberdiessbach her in Burgdorf eingebürgert, ist ohne ältere historische Bezeugungen nicht abschliessend zu deuten. Nach vorliegender Laut- und Wortstruktur ist das Element Ey- am ehesten zum aus der Umgangssprache verschwundenen Au, Ou f. «Gelände an einem Gewässer, wasserreiches Wies-, Weideland», mhd. ouwe zu stellen; dieses tritt, gerade auch in Flurnamen, oft umgelautet als Äu, Öi, Eu (mhd. öuwe) auf, das dann mit Entrundung zu Ei wird. Und wer in der Nähe einer oder an einer Ei (bzw. geschrieben: Ey) wohnt, ist dann eben der Eymann (Wohnstättenname). Röthlisberger Die im Raum Langnau alteingesessenen Röthlisberger leiten ihren Namen vom Hof Rötlisberg in der Gemeinde Trachselwald her, als Herkunftsname gebildet auf -er und den ersten Träger des Namens als vom Rötlisberg Zugezogenen benennend. In Burgdorf ist das Geschlecht durch die Aufnahme eines Langnauer Röthlisberger ins Burgerrecht seit 1829 präsent. Der Rötlisberg enthält im 2. Teil sd. Bërg m. «Erhöhung, Berg», im 1. Glied eine Ableitung zum Farbadjektiv rōt. Rötli(s)- könnte auf rötliche Farbtöne des Bodens anspielen. Oder ist Rötli ein Übername, etwa für einen Rothaarigen, und der Rötlisberg der «Berg eines Besitzers namens Rötli»? Miescher Sicher ist, dass in Miescher das alte einheimische Wort Mies, Miesch n./m., mhd. mies für «Moos am Boden und auf den Bäumen» steckt. Wie aber der Familienname konkret zu deuten, wie er motiviert ist, muss offenbleiben. Handelt es sich um einen Herkunfts- oder Wohnstättennamen auf -er zu einem Flur- oder Hofnamen Miesch: Miescher also «wer von einem Ort Miesch zugezogen ist» oder «wer auf einem Hof Miesch wohnt»? Oder haben wi r das Verb mieschen «Moos sammeln und damit Fugen stopfen zum Schutz gegen die Kälte» zum Ausgangspunkt zu nehmen, und der Miescher ist derjenige, der (auch als Beruf?) mit Moos zu tun hat? Abkürzungen: sd. = schweizerdeutsch / germ. = germanisch / mhd. = mittelhochdeutsch / ahd. = althochdeutsch lat. = lateinisch / Bed. = Bedeutung / m.-f.-n. = maskulin - feminin - neutral / * = erschlossene, so nicht belegte Form Serie: Burgerliche Namen MIT EINER FORTLAUFENDEN SERIE ERLÄUTERN WIR DIE BEDEUTUNG DER NAMEN VON BURGERN IN DER CHRONOLOGISCHEN REIHENFOLGE IHRER AUFNAHME IN DIE BURGERGEMEINDE. IN DIESER AUSGABE WERDEN DIE NAMEN MÜLLER (1828), RÖTHLISBERGER (1829), EYMANN (1830) UND MIESCHER (1834) GEDEUTET.
Ein Chamäleon in der Kulturszene KULTURPREIS 2022 KÜNSTLERISCHES UND SOZIALES ENGAGEMENT IN BURGDORF Lange Zeit habe sie nicht gewusst, welchen Berufsweg sie beschreiten sollte. «Mir war einzig klar, dass es etwas in Richtung soziale Arbeit oder ins gestalterische Metier gehen könnte.» Dass heute beide Aspekte im Leben von Florine Ott eine wichtige Position einnehmen, ist nicht wirklich überraschend. Nach ihrem Studium an der Hochschule für Gestaltung und Kunst HGK in Basel gründete und leitete die in Höchstetten aufgewachsene schon bald das Atelier Farbwiese in Burgdorf; erst an der Schmiedengasse, heute an der Hohengasse 17. Dort ist sie als produktive Künstlerin tätig, lässt aber auch andere kreativ werden und bietet als Kursleiterin Workshops für alle Altersgruppen an. Dutzende Bilder an den Wänden des Ateliers zeugen vom Engagement ihrer Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer. Da wird gemalt, gedruckt, auf Papier gestickt oder an Collagen gearbeitet. Es offenbart sich eine bunte Mischung an Herangehensweisen, welche auch zum Kunstschaffen von Florine Ott passt. Denn sie legt sich in ihrer Arbeit nicht auf eine bestimmte Technik oder einen bestimmten Stil, geschweige denn spezifische Themen fest. DIE MENSCHEN IM ZENTRUM In ihren Werken beschäftigt sich Florine Ott immer wieder mit neuen Themen, wobei der Mensch meist mit einbezogen wird. Waren es in den vergangenen Jahren die Berge, die sie in ihren Bann zogen, sind es derzeit textile Muster, Stickerei und Knoten. Den Menschen stellt sie in ihrer Portraitserie Hero ins DIE KUNSTSCHAFFENDE FLORINE OTT ERHÄLT DEN MIT 15‘000 FRANKEN DOTIERTEN KULTURPREIS 2022 DER BURGERGEMEINDE BURGDORF. IHRE ARBEIT GEHT WEIT ÜBER DIE KÜNSTLERISCHE BETÄTIGUNG HINAUS, DENN SIE ENGAGIERT SICH IM SOZIALEN UND GESELLSCHAFTLICHEN BEREICH EBENSO WIE FÜR DIE KULTUR.
Zentrum. Hier fokussiert sie auf Gesichter und portraitiert Geflüchtete, mit denen sie auch als Lehrerin täglich in Kontakt steht. Zusammen mit ihrem Afghanischen Lebensgefährten engagiert sie sich denn auch im Bereich Migration und Flüchtlingshilfe. Und auch sonst engagiert sich Florine Ott für gesellschaftliche Themen und ihre unmittelbare Umgebung. So hat sie zum Beispiel 2011 auch den beliebten Burgdorfer Nachtmarkt initiiert und organisiert. BREITES SPEKTRUM Die Kulturkommissionsmitglieder Lorenz Landolt, Alexandra Kunz, Mirjam Hässig, Raff Fluri und Remo Zumstein haben es sich nicht leicht gemacht, als sie zu entscheiden hatten, wem der diesjährige Kulturpreis der Burgergemeinde Burgdorf verliehen werden soll. Auch wenn sich zweifelsfrei noch andere um den Preis verdient gemacht hätten, fiel die Wahl schliesslich eindeutig auf die Kultur- und Kunstschaffende Florine Ott. «Das fünfköpfige Gremium zeigt sich beeindruckt von Florine Otts künstlerischem Schaffen, das die Stadt Burgdorf seit Jahren kulturell prägt und daher nicht mehr aus Burgdorf wegzudenken ist», lautet die eindeutige Begründung für den Entscheid. Dabei sei nicht einmal ausschlaggebend gewesen, dass Florine Ott als eine der Wenigen in Burgdorf das Feld der bildenden Kunst abdeckt. Vielmehr war es das oben erwähnte breite Spektrum ihrer zahlreichen Arbeiten und integrativen Engagements, welches das Gremium fasziniert und überzeugt hat. BESCHEIDEN, NAHBAR, REFLEKTIERT Florine Ott beweist, wie sehr die Menschen bei ihr im Zentrum stehen. So gibt sie ihnen einerseits eine Stimme, indem sie sie als Motiv künstlerisch in den Mittelpunkt stellt. Andererseits engagiert sie sich aber auch sozial, wenn sie benachteiligte, wenig sichtbare oder neu in den Fokus geratene Bevölkerungsteile in ihre Projekte einbezieht, wie sie es beispielsweise gleich zu Beginn der Pandemie mit Online-Angeboten oder Posts auf Social Media getan hat. Es ist, als könnte sich Florine Ott, stets neu erfinden und sich wie ein Chamäleon an aktuelle Zeiten und Bedürfnisse anpassen. Dass sie bei all ihren erfolgreichen Projekten bescheiden, nahbar und reflektiert bleibt, zeichnet sie – eben auch als Mensch – zusätzlich aus. Im Atelier Farbwiese bietet Florine Ott Kurse und Worshops für alle Altersgruppen an. ÖFFENTLICHE PREISVERLEIHUNG AM 24. NOVEMBER 2022 Am Donnerstag, 24. November 2022, findet im Stadthauskeller die Verleihung des diesjährigen Kulturpreises der Burgergemeinde Burgdorf an Florine Ott statt. Die Veranstaltung ist öffentlich. Beginn um 19.00 Uhr (Türöffnung 18.45 Uhr).
Wenn Burger in finanzielle Not geraten… BURGERLICHES SOZIALWESEN Im Mittelalter war die Fürsorge und das Armenwesen die Aufgabe der Kirche. Sie unterhielt Einrichtungen, insbesondere die Spitäler, in denen nicht nur pflegebedürftige und kranke Menschen aufgenommen wurden, sondern auch mittellose Bürgerinnen und Bürger, die nicht von ihren Angehörigen unterstützt werden konnten. Die Spitäler boten auch Reisenden, die oft mittellos und auf Arbeitssuche durchs Land zogen, kurzzeitige Unterkunft und eine Mahlzeit. Finanziert wurde dieses grosse kirchliche Engagement nicht zuletzt durch Schenkungen und Spenden aus Kreisen der wohlhabenden Stadtbevölkerung, die sich durch ihre Unterstützung Bedürftiger eine Vergebung ihrer Sünden erhofften. Doch die Armut spitzte sich im Verlauf des 16. Jahrhunderts schon so weit zu, dass die kirchlichen Einrichtungen nicht mehr ausreichten. Immer mehr besitzlose Menschen zogen bettelnd durchs Land. Niemand wollte sie aufnehmen und sich um sie kümmern. Die Berner Regierung drängte deshalb darauf, dass die Gemeinden die Verantwortung für die Fürsorge der Armen übernehmen sollten. DIE HEIMATGEMEINDE WIRD FÜR DAS ARMENWESEN ZUSTÄNDIG 1676 griff die Berner Obrigkeit zu einer radikalen Massnahme. Um die grassierende Armut in den Griff zu bekommen, wurde jede Person auf bernischem Staatsgebiet einer Heimatgemeinde zugewiesen. Diese Heimatgemeinde war verpflichtet im Falle der Verarmung die zugewiesene Person aufzunehmen und zu versorgen. Alle Personen, ob mittellos oder vermögend, welche über längere Zeit in einer GeDAS BURGERLICHE SOZIALWESEN HAT EINE LANGE UND BEWEGTE GESCHICHTE. AUCH NACH DER EINFÜHRUNG DER BERNISCHEN STAATSVERFASSUNG VON 1831 UND DER AUFTEILUNG DER AUFGABEN UNTER EINWOHNER- UND BURGERGEMEINDE BLIEB DIE SOZIALE UNTERSTÜTZUNG IN NOT GERATENER BURGER EINE AUFGABE DER BURGERGEMEINDE.
meinde ansässig waren, erhielten somit automatisch das Bürgerrecht. Damit fiel das Armen-, Fürsorge- und Vormundschaftswesen in die Verantwortung der Burgergemeinde. Zur Finanzierung dieser Ausgaben wurden in der Folge verschiedene Fonds wie das «Armengut» und das «Waisengut» eingerichtet. Eine Armenkommission entschied jeweils über die Verwendung der daraus verfügbaren Mittel. WENDEPUNKT NACH EINFÜHRUNG DER BERNISCHEN VERFASSUNG Mit der Einführung der Bernischen Staatsverfassung von 1831 änderte sich die Rolle der Burgergemeinde grundlegend. Die neue Verfassung regelte die faktische Trennung von Burgergemeinde und politischer Gemeinde, d.h. der heutigen Einwohnergemeinde. Die Aufgaben dieser fortan nebeneinander existierenden Institutionen wurden strikt aufgeteilt und die politische Macht in die Einwohnergemeinde überführt. Die Burgergemeinde behielt im Gegenzug Teile ihres Besitzes und darunter auch die für die Fürsorge eingerichteten Güter. Mit dem Armengesetz von 1857 ging im Kanton Bern die Fürsorge definitiv von der Heimatgemeinde in die Kompetenz der Einwohnergemeinde über. Erst später, mit dem Aufkommen der Arbeiterbewegung und der Industrialisierung, übernahm der Staat nach und nach das gesamte Fürsorge- und Sozialwesen. Die Fürsorge wurde vereinheitlicht, und gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden schliesslich die ersten Sozialversicherungen. SOZIALHILFE FÜR BURGER UND BURGERINNEN Das Engagement der Burgergemeinde im Bereich des Sozialwesens beruht mittlerweile auf freiwilliger Basis. Sie leistet heute nach wie vor die Sozialhilfe für alle Burgdorfer Burger mit Wohnsitz im Kanton Bern. Unter der Verantwortung des Burgerrates betreut eine dipl. Sozialarbeiterin das burgerliche Sozialwesen gemäss den geltenden Gesetzesbestimmungen. Im vergangenen Jahr 2021 empfingen rund 10 heimatberechtigte Personen Sozialhilfe, darunter auch zwei alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern. Die Unterstützung im Umfang von rund 320‘000 Franken richtet sich grundsätzlich nach den Vorgaben des kantonalen Sozialhilfegesetzes. Die benötigte Summe wurde aus dem Zinsertrag und einer Kapitalentnahme aus dem Fürsorgegut finanziert. Dieses Fürsorgegut wiederum wird unter anderem durch die Aufnahmegebühren ins Burgerrecht gespiesen. BURGERLICHE KINDES- UND ERWACHSENENSCHUTZBEHÖRDE Bis 1994 führte die Burgergemeinde eine eigene Vormundschaftskommission. Sie war die gesetzliche Vormundschaftsbehörde für alle im Kanton Bern wohnhaften Burgdorfer Burger und besorgte das Vormundschaftswesen gemäss den gesetzlichen Vorgaben. So entschied sie über den Einsatz des Amtsvormunds, überwachte dessen Amts- und Geschäftsführung und verwaltete oder verwahrte nach Bedarf die Wertschriften der ihr unterstellten Vormundschaften. Im Rahmen der Neuordnung der Fürsorge- und Vormundschaftspflege wurde diese Kommission 1994 aufgehoben und die entsprechenden Kompetenzen vorerst dem Burgerrat übergeben. Heute werden all diese Aufgaben von einer externen burgerlichen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (bKESB) übernommen. Die fünf Burgergemeinden Bern, Biel, Bözingen, Burgdorf und Thun sowie 13 Gesellschaften und Zünfte von Bern schlossen sich nach Inkrafttreten des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts in einem gemeinderechtlichen Zusammenarbeitsvertrag zusammen, um diese burgerliche KESB zu bilden. Der Sitz der Organisation ist seit 2013 die Burgergemeinde Bern. Kinderreiche Arbeiterfamilien konnten sich ihren Lebensunterhalt oft nicht selbst verdienen.
Informationen NEUORGANISATION Nach demAusscheiden von Jacqueline Mumenthaler als Leiterin des Bereichs Immobilien, hat der Burgerrat die Verwaltung der Burgergemeinde neu organisiert. Der bisherige, langjährige Ratsschreiber und Finanzverwalter Thomas Mettler ist neu Geschäftsführer mit der Aufsicht über die gesamte Verwaltung. Ihm unterstehen zudem direkt die Bereiche Immobilien und Finanzen. Die Leitung des Bereichs Wald obliegt weiterhin Simon Rieben, den BeLANDGASTHOF SOMMERHAUS ZU VERMIETEN Da das langjährige Wirtepaar altershalber seine Tätigkeit beendet, steht ab Sommer 2023 der traditionsreiche Landgasthof Sommerhaus vor den Toren Burgdorfs zur Vermietung. Das Sommerhaus ist wei therum bekannt für seine Landküche aus regionalen und saisonalen Zutaten und ein beliebter Ort für Stadtbewohner, Familien, Vereine und Ausflügler. reich Stadtbibliothek mit dem Burgerarchiv leitet Andrea Grichting und den Bereich Soziales führt Pia Wenger-Gräub. Zur Unterstützung des Geschäftsführers arbeitet seit September 2022 Arlenn Culig als Assistentin in der Verwaltung. Zudem ist seit August 2022 Carina Guggisberg für die Bewirtschaftung der Liegenschaften zuständig. Mit dieser organisatorischen Straffung wird die Burgergemeinde Burgdorf den aktuellen und zukünftigen Anforderungen und Volumen der zahlreichen Aufgaben gerecht. HERAUSGEBER Burgergemeinde Burgdorf Kirchbühl 25, 3400 Burgdorf Tel. 034 422 31 19 www.burgergemeinde-burgdorf.ch KONZEPT DESIGN TEXT YOUHEY Communication, Burgdorf DEUTUNG FAMILIENNAMEN Dr. Andreas Burri BILDER Benjamin Polli, Adrian Gebhard, zvg DRUCK Haller+Jenzer AG, Burgdorf AUFLAGE 11’000 Ex. Das Burger Journal erscheint zweimal jährlich An dieser Stelle einen herzlichen Dank an Sylvia und Albert Leuenberger für die umsichtige und engagierte Führung des Sommerhauses. Der Landgasthof hat noch bis Ende Dezember 2022 unter ihrer Leitung geöffnet. Ab Januar 2023 wird eine umfassende Sanierung der Gebäudetechnik und der Gebäudehülle, insbesondere des Daches, vorgenommen. Die Übernahme des Betriebs kann dann voraussichtlich im August 2023 oder nach Vereinbarung erfolgen. Thomas Mettler ist neu Geschäftsführer der gesamten Verwaltung.
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=