Bei der Deutung von Familiennamen unterscheidet man folgende Typen: 1. Rufnamen: Benennung nach Vater-, seltener Mutternamen, z.B. Friedrich, Annen 2. Herkunftsnamen: Zugezogene nach ihrer Herkunft, z.B. von Siebenthal, Basler 3. Wohnstättennamen: Einheimische nach ihrem Wohnort, z.B. Imhof, Wegmann 4. Berufsnamen: nach Tätigkeit, Amt, gesellschaftlicher Stellung, z.B. Bauer, Müller, Vogt 5. (Berufs-)Übernamen: nach körperlicher, charakterlicher, biographischer Eigenheit oder beruflicher Tätigkeit, z.B. Schön, Hässig oder Hammer. Man kann Familiennamen in der Regel deuten und sie dem zugrunde liegenden Ruf- oder Ortsnamen (Typen 1 bis 3) oder Gattungswort (Typen 4 und 5) zuordnen. Verliehen worden ist der Name dem ersten Träger aufgrund eines besonderen Merkmals. Müller Müller, der häufigste Familienname der Schweiz, geht zurück auf die auch heute noch bekannte Berufsbezeichnung mhd. mülnære, mülner m. und daraus durch Angleichung entstandenes müller «Müller, Betreiber einer Mühle», vermutlich entlehnt aus spätlat. molīnārius. Traditionell stellt der Müller Mehl, Öl oder Futtermittel her. Spätestens ab dem 12. Jahrhundert hatte fast jeder Ort eine Wassermühle. Neben Öl- und Getreidemühlen gab es noch weitere Arten von Mühlen wie Schneidemühlen für die Holzverarbeitung, Walkmühlen für die Tuchherstellung und Lohmühlen, die Eichenrinde (Lohe) für die Gerberei mahlten. Eymann Eymann, seit alters in Fahrni und Linden ansässig und 1830 von Oberdiessbach her in Burgdorf eingebürgert, ist ohne ältere historische Bezeugungen nicht abschliessend zu deuten. Nach vorliegender Laut- und Wortstruktur ist das Element Ey- am ehesten zum aus der Umgangssprache verschwundenen Au, Ou f. «Gelände an einem Gewässer, wasserreiches Wies-, Weideland», mhd. ouwe zu stellen; dieses tritt, gerade auch in Flurnamen, oft umgelautet als Äu, Öi, Eu (mhd. öuwe) auf, das dann mit Entrundung zu Ei wird. Und wer in der Nähe einer oder an einer Ei (bzw. geschrieben: Ey) wohnt, ist dann eben der Eymann (Wohnstättenname). Röthlisberger Die im Raum Langnau alteingesessenen Röthlisberger leiten ihren Namen vom Hof Rötlisberg in der Gemeinde Trachselwald her, als Herkunftsname gebildet auf -er und den ersten Träger des Namens als vom Rötlisberg Zugezogenen benennend. In Burgdorf ist das Geschlecht durch die Aufnahme eines Langnauer Röthlisberger ins Burgerrecht seit 1829 präsent. Der Rötlisberg enthält im 2. Teil sd. Bërg m. «Erhöhung, Berg», im 1. Glied eine Ableitung zum Farbadjektiv rōt. Rötli(s)- könnte auf rötliche Farbtöne des Bodens anspielen. Oder ist Rötli ein Übername, etwa für einen Rothaarigen, und der Rötlisberg der «Berg eines Besitzers namens Rötli»? Miescher Sicher ist, dass in Miescher das alte einheimische Wort Mies, Miesch n./m., mhd. mies für «Moos am Boden und auf den Bäumen» steckt. Wie aber der Familienname konkret zu deuten, wie er motiviert ist, muss offenbleiben. Handelt es sich um einen Herkunfts- oder Wohnstättennamen auf -er zu einem Flur- oder Hofnamen Miesch: Miescher also «wer von einem Ort Miesch zugezogen ist» oder «wer auf einem Hof Miesch wohnt»? Oder haben wi r das Verb mieschen «Moos sammeln und damit Fugen stopfen zum Schutz gegen die Kälte» zum Ausgangspunkt zu nehmen, und der Miescher ist derjenige, der (auch als Beruf?) mit Moos zu tun hat? Abkürzungen: sd. = schweizerdeutsch / germ. = germanisch / mhd. = mittelhochdeutsch / ahd. = althochdeutsch lat. = lateinisch / Bed. = Bedeutung / m.-f.-n. = maskulin - feminin - neutral / * = erschlossene, so nicht belegte Form Serie: Burgerliche Namen MIT EINER FORTLAUFENDEN SERIE ERLÄUTERN WIR DIE BEDEUTUNG DER NAMEN VON BURGERN IN DER CHRONOLOGISCHEN REIHENFOLGE IHRER AUFNAHME IN DIE BURGERGEMEINDE. IN DIESER AUSGABE WERDEN DIE NAMEN MÜLLER (1828), RÖTHLISBERGER (1829), EYMANN (1830) UND MIESCHER (1834) GEDEUTET.
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