Bei der Deutung von Familiennamen unterscheidet man folgende Typen: 1. Rufnamen: Benennung nach Vater-, seltener Mutternamen, z.B. Friedrich, Annen 2. Herkunftsnamen: Zugezogene nach ihrer Herkunft, z.B. von Siebenthal, Basler 3. Wohnstättennamen: Einheimische nach ihrem Wohnort, z.B. Imhof, Wegmann 4. Berufsnamen: nach Tätigkeit, Amt, gesellschaftlicher Stellung, z.B. Bauer, Müller, Vogt 5. (Berufs-)Übernamen: nach körperlicher, charakterlicher, biographischer Eigenheit oder beruflicher Tätigkeit, z.B. Schön, Hässig oder Hammer. Man kann Familiennamen in der Regel deuten und sie dem zugrunde liegenden Ruf- oder Ortsnamen (Typen 1 bis 3) oder Gattungswort (Typen 4 und 5) zuordnen. Verliehen worden ist der Name dem ersten Träger aufgrund eines besonderen Merkmals. Ruef Der altdeutsche Name (H)ruodolf bzw. Rudolf, zusammengesetzt aus ahd. hruod «Ruhm» und wolf «Wolf», ist seit dem Hochmittelalter (und insbesondere dank der Popularität des habsburgischen Königs Rudolf I.) sehr beliebt. Er weist viele Kurz- und Koseformen wie Rued(i), Ruetsch(i) oder auch Dolf auf; Ruef ist zusammengezogen aus Rue(dol)f. Neben Rudolf sind auch Kurzformen zu Familiennamen geworden: Dem ersten Träger des Namens ist der Ruf- oder Taufname Ruef seines Vaters vorerst als Beiname, etwa: Hans (Sohn des) Ruef, gegeben worden und ihm schliesslich als Familienname (Hans Ruef) verblieben (Namentypus 1: Vatername). Rietmann Rietmann ist ein Wohnstättenname, er ist einem an oder bei einem Riet genannten Gelände Ansässigen, einem im Riet Siedelnden gegeben worden. Der Flurname Riet leitet sich her von sd. Ried, Riet, mhd. riet n. «Schilf, Riedgras, Rohrkolben», dann «mit Schilf, Sumpfgras bewachsener Grund, Moor» (ein gleichlautendes Wort für «Rodung» kommt hier kaum in Frage). Der zweite Teil von Rietmann ist weniger in seinem eigentlichen Sinn von «Mann, Mensch» zu sehen; -mann dient vielmehr zur Kennzeichnung des Typus Wohnstättenname (Hans am Riet wird zu Hans Rietmann), wofür sonst gerne die Silbe -er verwendet wird (Hans am Riet wird zu Hans Rieter). Meyer Ob mit -a- oder -e-, mit -i- oder -y- geschrieben (Maier/Mayer, Meier/Meyer), zu deuten ist der Familienname immer gleich: Meyer ist ein Berufs- oder Amtsname (Typus 4) zu mhd. meier, ahd. meior «vom Grundherrn bestellter Oberaufseher, Gutsverwalter, der die Aufsicht über die Bewirtschaftung der Güter führt und in seinem Namen die polizeiliche und richterliche Gewalt über die Hofleute ausübt», daneben und später auch einfach «Gross-, Oberbauer; Dorfvorsteher; Pächter». Meier ist ein Lehnwort zu lat. maior «grösser» bzw. maior domus «Vorsteher der Dienerschaft», eigentlich «der Grössere eines Hauses». Scheidegger Die im Kanton Bern häufige Flur- und Geländebezeichnung Scheidegg, und auf eine solche geht Scheidegger als Herkunfts- oder Wohnstättenname zurück, weist letztlich auf eine Grenze hin, nämlich mit sd. Egg f. auf einen Geländevorsprung, auf eine Geländekante, auf eine Übergangsstelle, wo zwei Gegenden, zwei Täler etwa oder auch zwei Grundstücke, voneinander geschieden werden (zur Wortfamilie von sd. scheide(n) im Sinne von «abgrenzen, die Grenze festsetzen, die Grenze bilden»). Mit der für die Namentypen 2 und 3 häufigen Endsilbe -er wird der Flur- oder Geländename Scheidegg zum Familiennamen Scheidegger erweitert. Abkürzungen: sd. = schweizerdeutsch / germ. = germanisch / mhd. = mittelhochdeutsch / ahd. = althochdeutsch lat. = lateinisch / Bed. = Bedeutung / m.-f.-n. = maskulin - feminin - neutral / * = erschlossene, so nicht belegte Form Serie: Burgerliche Namen MIT EINER FORTLAUFENDEN SERIE ERLÄUTERN WIR DIE BEDEUTUNG DER NAMEN VON BURGERN IN DER CHRONOLOGISCHEN REIHENFOLGE IHRER AUFNAHME IN DIE BURGERGEMEINDE. IN DIESER AUSGABE WERDEN DIE NAMEN RUEF (1826), MEYER (1826), RIETMANN (1827) UND SCHEIDEGGER (1827/2008) GEDEUTET.
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