Burger Journal 11 - April 2024

wurden ab der Mitte des 19. Jahrhunderts grosse Anstrengungen zum Ausbau und zur Instandhaltung des Kanalsystems unternommen. Und dies noch vor der grossen, vom Bund finanzierten Emmekorrektion, die ab 1884 zur kompromisslosen Verengung und Begradigung des Flusses führte. So wurde etwa im Zusammenhang mit dem Emmeabfluss auch das einzigartige Wasserkreuz gebaut, in dem der Oberburgbach und der Emme dosiert entnommenes Wasser zusammenkommen, um dann als kleine Emme und Mülibach das Gewässersystem zu speisen. Der Wasserstand des Systems wird hauptsächlich an diesem Kreuzungspunkt reguliert. Das bestens funktionierende Kanalsystem beflügelte die wirtschaftliche Entwicklung Burgdorfs mit den aufblühenden Gerbereien, Webereien, Spinnereien und mechanischen Werkstätten entscheidend. Etwa 35 Betriebe nutzten mit eigenen kleinen Kraftwerken die Wasserkraft systematisch zum mechanischen Antrieb ihrer Maschinen. Und just in jener Zeit, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, trat die neue elektrische Kraft aufs Parkett. Mit den Erfindungen rund um die Nutzung und Verbreitung von elektrischem Strom für Licht und Kraft trat eine radikal neue Energieversorgung auf den Plan. Man hatte das dynamoelektrische Prinzip entdeckt, mit dem Bewegungsenergie (z.B. von Wasserturbinen) in elektrischen Strom umgewandelt werden konnte. VON DER WASSERKRAFTANLAGE ZUM ELEKTRIZITÄTSWERK «Die Burgdorfer Betriebe reagierten schnell und ersetzten die Wasserräder durch Turbinen und Generatoren zur Stromerzeugung», erläutert Beat Maurer die neue Nutzung der Wasserläufe, die für die wirtschaftliche Entwicklung zu Beginn des 20. Jahrhunderts weiterhin bedeutsam blieb. Und auch heute werden auf Burgdorfer Stadtgebiet noch neun Kleinwasserkraftwerke betrieben, die jährlich zusammen etwa 3.3 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren. Dies reicht für circa 900 Haushalte und entspricht rund 3 % des gesamten Burgdorfer Strombedarfs. DIE ZEUGEN EINER MUTIGEN STADTENTWICKLUNG «Das gut erhaltene, rund 4.8 Kilometer lange Kanalsystem ist ein eindrückliches Zeugnis einer mutigen städtischen Entwicklungsgeschichte. Darum wollten wir die meist unbeachteten Fliessgewässer unserer Stadt besser sichtbar machen und ins Gespräch bringen», sagt Beat Maurer, der mit dem Rotary Club Burgdorf ein Projekt zur Beschriftung aller Bäche und Kanäle lancierte und umsetzte. Im Rahmen eines Gemeindienstprojekts hat der Rotary Club Burgdorf alle Wasserläufe beschriftet. Auf einer spielerischen und experimentierfreudigen Gewerbekanäle-Tour des Vereins Perlenkette Emme kann man übrigens viel Spannendes über die Burgdorfer Wasserkraft erfahren. Plan von 1875 für die Anlage eines neuen Kanales nebst Korrektion der kleinen Emme. (©Burgerarchiv Burgdorf)

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