Burger Journal 11 - April 2024

Bei der Deutung von Familiennamen unterscheidet man folgende Typen: 1. Rufnamen: Benennung nach Vater-, seltener Mutternamen, z.B. Friedrich, Annen 2. Herkunftsnamen: Zugezogene nach ihrer Herkunft, z. B. von Siebenthal, Basler 3. Wohnstättennamen: Einheimische nach ihrem Wohnort, z. B. Imhof, Wegmann 4. Berufsnamen: nach Tätigkeit, Amt, gesellschaftlicher Stellung, z. B. Bauer, Müller, Vogt 5. (Berufs-)Übernamen: nach körperlicher, charakterlicher, biographischer Eigenheit oder beruflicher Tätigkeit, z. B. Schön, Hässig oder Hammer. Man kann Familiennamen in der Regel deuten und sie dem zugrunde liegenden Ruf- oder Ortsnamen (Typen 1 bis 3) oder Gattungswort (Typen 4 und 5) zuordnen. Verliehen worden ist der Name dem ersten Träger aufgrund eines besonderen Merkmals. Roller Geboren wurde der 1851 eingebürgerte Robert Roller in Erzingen (Württemberg). Im Süddeutschen also muss Roller sprachlich verortet werden. Passend ist die -er-Bildung zu mhd. rollen «rollen»: als Berufsname für den Fuhrmann des Rollwagens (frühnhd. roller m., zu: rollend bewegen) oder als Übername für den irgendwie an einen Kater Erinnernden (schwäbisch Roller m. «Kater», zu: schnurren, rollendes Geräusch machen). Mit der -er-Endung kann aber auch der Nachkomme benannt werden: Roller als der Sohn eines Roll, zum altdeutschen Rufnamen Rollo (verkürzt aus einem Vollnamen mit ahd. (h)ruod «Ruhm», etwa Ruodolf). Mauerhofer Die Mauerhofer, eingebürgert von Trub (dort 1592 erstmals genannt) her, leiten ihr Geschlecht von einem Siedlungsnamen Mauerhof (mundartlich: Murhof) ab, als Herkunftsname gebildet mit der Silbe -er. Einen Murhof finden wir in Trub oder in seiner näheren Umgebung allerdings nicht. Jenseits der Kantonsgrenze aber, nämlich im luzernischen St. Urban und in Sarnen (OW), gibt es je einen passenden Murhof, wobei sd. Mūr f. «Mauer» (mit langem -ū-) einen Hinweis auf alte Mauerstellen oder mauerähnliche Geländeformationen geben wird, und sd. Hof m. einfach «Bauerngut» meint. Fröbel Fröbel ist ein ursprünglich in Thüringen ansässiges Geschlecht. Für die Herleitung wird ein Zusammenhang mit dem Adjektiv mhd. vrevel, auch etwa vrebel und vorebil «mutig, unerschrocken, keck, frech» erwogen. Fröbel wäre dann an vrebel oder v(o)rebil mit Rundung von -e- zu -ö- anzuschliessen, und der Übername (Typus 5) dürfte motiviert sein durch das grosse Selbstbewusstsein des ersten Fröbel. Oder steckt ein alter Personenname in Fröbel? In Frage käme der altdeutsche Rufname Frawibald, historisch auch Frowipald und Frobald, zu ahd. frō m. «Herr» (wie in Fro(n)dienst) oder ahd. frō «flink, froh». Sänger Sänger, mhd. senger m., also jemand, der singt, ein Berufs- oder Amtsname? Zu vergleichen wäre Sänger mit dem gleichbedeutenden Namen Singer. Die Tätigkeit des Sänger Genannten könnte je nach Lebensumständen präzisiert werden als Liederdichter, Spielmann oder Kantor. Oder steckt in Sänger eine ganz andere Berufsbezeichnung, nämlich für denjenigen, der durch Feuer rodet (mhd. sengen)? Was dem Sänger sprachlich zugrunde liegt, muss offenbleiben, im deutschen Sprachraum sind beide Möglichkeiten zu erwägen (die 1854 eingebürgerten Sänger stammen ursprünglich aus Deutschland). Abkürzungen: sd. = schweizerdeutsch / germ. = germanisch / mhd. = mittelhochdeutsch / ahd. = althochdeutsch / frühnhd. = frühneuhochdeutsch / lat. = lateinisch / Bed. = Bedeutung / m.-f.-n. = maskulin - feminin - neutral / * = erschlossene, so nicht belegte Form Serie: Burgerliche Namen MIT EINER FORTLAUFENDEN SERIE ERLÄUTERN WIR DIE BEDEUTUNG DER NAMEN VON BURGERN IN DER CHRONOLOGISCHEN REIHENFOLGE IHRER AUFNAHME IN DIE BURGERGEMEINDE. IN DIESER AUSGABE WERDEN DIE NAMEN ROLLER (1851), FRÖBEL (1853), MAUERHOFER (1854) UND SÄNGER (1854) GEDEUTET.

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